Bonhoeffer heute:
Junge Stimmen gegen Hass, für Frieden und Demokratie
Mit einer Gedenkstunde im Arresthof der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg am 9. April endete die internationale Jugendbegegnung anlässlich des 80. Todestags von Dietrich Bonhoeffer. Am siebentägigen Programm nahmen auf Einladung der Evangelischen Jugend in Bayern (EJB) und der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (ELKB) rund 30 junge Menschen von Partnerkirchen aus Polen, Schweden, Ungarn und Palästina/Jordanien teil.
Bonhoeffers Spiritualität ist ein lebendiges Vorbild
Oberkirchenrat Stefan Blumtritt, Leiter der Abteilung „Kirche und Gesellschaft“ in der ELKB, betonte die besondere Bedeutung dieser Jugendbegegnung: „Die Begegnung von Jugendlichen aus aller Welt an einem solchen Ort der wichtigen Erinnerung angesichts gesellschaftlicher und politischer Entwicklungen ermöglicht es Gräben und Vorurteile zu überwinden. Bonhoeffers Spiritualität, die durch internationale Begegnungen geprägt wurde, ist für Christinnen und Christen ein lebendiges Vorbild, das zum Handeln im eigenen Umfeld von Gottes Schöpfung ermutigt. Das stiftet Hoffnung.“
Begegnung, die ein echtes, ehrliches Gespräch ermöglicht
Für Nele Maurer aus dem Vorbereitungsteam war entscheidend, ein Programm auf Augenhöhe für die jungen Menschen zu entwickeln: „Es war uns wichtig, eine Begegnung zu schaffen, die nicht nur Gedenkveranstaltung ist, sondern echtes, ehrliches Gespräch ermöglicht. Wenn junge Menschen mit unterschiedlichen Prägungen gemeinsam lernen, streiten, feiern, trauern und hoffen – dann ist das gelebte internationale Verständigung.“ Diese Idee prägte auch Ines Ackermann, Leiterin der Jugendbegegnung. Sie zog ein persönliches Fazit: „Es war bewegend zu sehen, wie viel wir teilen – trotz unserer Unterschiede. Für mich war die Begegnung ein Raum, in dem Gedenken nicht still, sondern lebendig war. Bonhoeffer bleibt eine Herausforderung: für uns, für unsere Gesellschaften, für die Kirche. Aber er gibt auch Hoffnung – dass wir gemeinsam etwas verändern können. Ich nehme Hoffnung mit, aber auch den Auftrag mich einzumischen. Bonhoeffer zeigt: Haltung ist möglich – und nötig.“
Verantwortung gegen Hass, für Frieden und für Demokratie
Im Zentrum der Jugendbegegnung standen Austausch, Erinnerungsarbeit und die Frage: Was bedeutet es heute, christlich Verantwortung zu übernehmen – gegen Hass, für Frieden, für Demokratie? Diese Fragen diskutierten die Jugendlichen am Jugendtreffen „grenzenlos hoffen – mutig handeln“ mit über 200 Teilnehmenden am Wochenende zuvor. In Workshops und Gesprächen tauschten sie sich über Auswirkungen des Nationalsozialismus bis heute aus und fragten, welche Themen uns heute zu Haltung und Widerspruch herausfordern. Die Teilnehmenden sprachen zudem mit dem Landesbischof der ELKB, Christian Kopp, was ihnen Hoffnung macht, was sie sorgt – und wie Widerstand heute aussehen kann.
Gedenkandacht als würdiger Abschluss
Die Woche endete mit der offiziellen Gedenkstunde im Arresthof, dem historischen Ort, an dem Dietrich Bonhoeffer gemeinsam mit weiteren Widerstandskämpfern am 9. April 1945 durch die Nationalsozialisten ermordet wurde. In der zweisprachigen Feier mit Gebeten, Musik, Fürbitten und persönlichen Beiträgen wirkten Vertreter:innen aus Kirche, Politik, internationalen Gästegruppen und Symposiums sowie eine Pilgergruppe aus England mit.
„We shall overcome“
Ein besonders berührender Moment: Zum Lied „We shall overcome“ wurden 150 weiße Rosen durch alle Gäste jenem Ort abgelegt, wo noch am Wochenende zuvor eine Lichtinstallation mit Bonhoeffer-Texten, Gedanken zur Hoffnung und Formen des Widerstands im Mittelpunkt gestanden hatte. Der Gedenkakt wurde von Regionalbischof Klaus Stiegler, Dekan Thomas Guba und Nele Maurer aus dem Vorbereitungsteam der Evang. Jugend in Bayern gestaltet. Dr. Uwe Steinmetz übernahm die musikalische Begleitung.
Veranstaltungsreihe „grenzenlos hoffen – mutig handeln“
Die internationale Jugendbegegnung war Teil einer mehrtägigen Veranstaltungsreihe, die anlässlich des 80. Todestags von Dietrich Bonhoeffer von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (ELKB) gefördert und gemeinsam mit der Evangelischen Jugend in Bayern und der Evangelischen Akademie Tutzing umgesetzt wurde. Die Veranstaltungsreihe wurde mit einem dreitägigen Jugendtreffen am vergangenen Wochenende eröffnet. Am Sonntagmorgen übertrug der Bayerische Rundfunk einen Gottesdienst mit rund 600 Personen live aus einem Zelt auf dem Gelände der KZ-Gedenkstätte. Am Sonntagabend lud die Veranstaltungsreihe zum Konzert des ensemble nobiles in die Kirche St. Michael nach Weiden ein: Das Männervokalquintett und der Gewandhauschor Leipzig präsentierten „Dietrich B.“ – eine speziell komponierte Dietrich-Bonhoeffer-Messe. Zu Wochenbeginn folgte die Tagung „Wem gehört Bonhoeffer?“, organisiert von der Evangelischen Akademie Tutzing gemeinsam mit der Internationalen Bonhoeffer-Gesellschaft.
Bonhoeffers Erbe für die heutigen gesellschaftlichen und kirchlichen Herausforderungen fruchtbar machen
Die gesamte Veranstaltungsreihe verband Erinnerung mit aktuellem Diskurs: In Workshops, Gesprächen, kreativen Formaten und spirituellen Impulsen ging es um Fragen von Verantwortung, Wahrheit und Zivilcourage – damals wie heute. Ziel war es, Bonhoeffers Erbe nicht nur zu würdigen, sondern für heutige gesellschaftliche und kirchliche Herausforderungen fruchtbar zu machen.
Patrick Wolf
Referent für Kommunikation
Film: B. Gradl