Engagement, Vielfalt, Partizipation
90 Jahre Amt für evangelische Jugendarbeit – eine Ausstellung
Eine neue Ausstellung beleuchtet die 90-jährige Geschichte von „Hummel 100“ und zeigt Meilensteine, Herausforderungen und Entwicklungen – eine bewegte Historie, die nicht nur Rückschau hält, sondern auch Impulse für die Zukunft setzt.
Das Amt für evangelische Jugendarbeit in Bayern blickt in diesem Jahr auf 90 Jahre Geschichte zurück und präsentiert eine neue Ausstellung, die die vielfältigen Entwicklungen und Meilensteine der hauptberuflichen und ehrenamtlichen Arbeit im Hummelsteiner Weg 100 beleuchtet. Die Ausstellung wurde zum Abschluss der Stiftungsversammlung Ende Oktober eröffnet und ist auf 13 Tafeln aufbereitet, die die Stationen und Wegmarken der Evangelischen Jugend in Bayern (EJB) von den Anfängen im Jahr 1934 bis heute veranschaulichen.
Kuratiert mit Engagement und Herz
Die Ausstellung wurde von Christina Frey-Scholz, Uli Willmer und Wolfgang Noack kuratiert. „Diese Ausstellung zeigt, wie die evangelische Jugendarbeit nicht nur jungen Menschen einen Raum zur Entfaltung geboten hat, sondern auch Impulse für gesellschaftliche Entwicklungen setzen konnte,“ betont Christina Frey-Scholz. „Unsere Jugendarbeit hat es über die Jahrzehnte hinweg immer geschafft, sich den gesellschaftlichen Herausforderungen zu stellen und gleichzeitig eine Heimat für junge Menschen zu sein – ein Ort, an dem Gemeinschaft und christliche Werte gelebt werden.“
Ein Blick zurück in die Gründungszeit
Im Jahr 1934 nahm das Amt für Jugendarbeit seine Arbeit im Arndthaus am Hummelsteiner Weg auf. Der erste Landesjugendpfarrer, Heinrich Riedel, übernahm in einer bewegten Zeit die Verantwortung, als die evangelische Jugendarbeit reorganisiert werden musste, um einer Eingliederung in die Hitlerjugend zu entgehen. Landesbischof Hans Meiser drückte es damals so aus: „Sie stehen vor einer sehr schweren Aufgabe und es ist gar nicht abzusehen, ob etwas erreicht werden kann.“ Diese Worte verdeutlichen die Herausforderungen der damaligen Zeit. Nach den Wirren des Zweiten Weltkriegs wurde die Jugendarbeit am Hummelsteiner Weg wieder aufgebaut, und es folgten Jahrzehnte des Engagements für die Jugend in Bayern.
Seit 1934 diente das Arndthaus im Hummelsteiner Weg 100 – liebevoll auch „Hummel 100“ genannt – in Nürnberg als Hauptsitz des Amtes für Jugendarbeit. In den kommenden Monaten wird diese Zentrale jedoch mit dem Amt für Gemeindedienst und der Gemeindeakademie Rummelsberg zur neuen „Wirkstatt evangelisch“ fusionieren und ihre Arbeit zukünftig am Nürnberger Rathenauplatz fortsetzen. Die „Wirkstatt evangelisch“ wird als neue Anlaufstelle für Kirchen- und Gemeindeentwicklung agieren und die langjährige Tradition des Hummelsteiner Hauses in neuen Räumlichkeiten weiterführen.
Wichtige Meilensteine und gesellschaftliches Engagement
Die Ausstellung beleuchtet bedeutende Meilensteine und zentrale Themen der Evangelischen Jugend in Bayern, die über Jahrzehnte hinweg das Gesicht der Jugendarbeit geprägt haben. Einer der wichtigsten Meilensteine war die Einführung der ersten demokratischen Strukturen nach dem Zweiten Weltkrieg, als es galt, eine Jugendarbeit aufzubauen, die Mitbestimmung und Gleichberechtigung fördert. Seitdem sind Partizipation und die Stärkung ehrenamtlicher Leitungsstrukturen ein zentrales Anliegen geblieben. Ein weiterer Schwerpunkt ist das kontinuierliche Engagement gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus, das mit der Kampagne „Die Welt ist bunt. Gott sei Dank“ seit 2008 sichtbare Zeichen setzt. Die Friedensarbeit der Evangelischen Jugend, die in den 1980er Jahren Teil der Friedensbewegung war und sich gegen atomare Aufrüstung aussprach, zeigt das tiefe Streben nach Gerechtigkeit und einem solidarischen Miteinander.
Zusätzlich hat sich die Evangelische Jugend stets als Impulsgeberin für ökologische Projekte und Nachhaltigkeit profiliert. Die Einführung der öko-fairen Leitlinien, das Freiwillige Ökologische Jahr und die Weidenkirche in Pappenheim sind Beispiele dafür, wie sich christliche Werte in die Bewahrung der Schöpfung umsetzen lassen. Themen wie Inklusion, die Unterstützung benachteiligter junger Menschen und die Schaffung sicherer Räume gehören ebenfalls zum Selbstverständnis der Evangelischen Jugend. Außerdem setzt sich der Jugendverband aktiv für die Akzeptanz und Gleichberechtigung queerer Menschen ein. Mit klaren Positionierungen wie „Queer sein geht nicht gegen Gottes Willen und ist keine Sünde!“ zeigt die Jugend, dass Vielfalt in der Kirche willkommen ist. Seit Jahren engagiert sich die EJB für eine diverse Gemeinschaft, in der jeder Mensch in seiner Identität anerkannt und wertgeschätzt wird. Diese Ausstellung verdeutlicht, wie sich die EJB immer wieder den gesellschaftlichen Herausforderungen stellt, für Veränderungen eintritt und dabei zu einer lebendigen und gestaltbaren Kirche beiträgt, die sich als Anwältin für junge Menschen versteht.
Impulse für die Zukunft
Landesjugendpfarrer Tobias Fritsche hebt die Bedeutung der Ausstellung für die Weiterentwicklung der Jugendarbeit hervor: „Die Geschichte, die wir hier erzählen, ist nicht nur eine Rückschau auf Vergangenes, sondern vor allem ein Auftrag an uns alle. Sie erinnert uns daran, wie wichtig es ist, dass wir die Zukunft der Kirche gemeinsam mit den jungen Menschen gestalten. Ihre Ideen und Anliegen müssen gehört werden, denn sie prägen die Gesellschaft von morgen. Es liegt in unserer Verantwortung, Räume zu schaffen, in denen junge Menschen ihre Stimme erheben und aktiv mitgestalten können.“
Malte Scholz, EJB-Vorsitzender, ergänzt: „Die Evangelische Jugend hat über die Jahre hinweg immer wieder gezeigt, dass junge Menschen in der Lage sind, Kirche und Gesellschaft aktiv zu verändern. Diese Ausstellung ist ein kraftvolles Symbol für unser Engagement und unsere Überzeugung, dass wir gemeinsam eine gerechtere und offenere Welt schaffen können. Sie macht deutlich, dass wir aus einer reichen Geschichte lernen und mit Hoffnung und Tatkraft in die Zukunft blicken, um weiterhin für Vielfalt, Gerechtigkeit und Mitbestimmung einzustehen.“
Eine Ausstellung auf Reisen
Die Ausstellung ist für die mobile Nutzung konzipiert und kann von interessierten Gruppen, Gemeinden und Bildungseinrichtungen ausgeliehen werden. Die einzelnen Tafeln stehen auch als Download zur Verfügung. www.ejb.de/geschichtederejb
Patrick Wolf
ehem. Vorsitzender der Evang. Jugend in Bayern
Fotos: ejb