
Politische Bildungsprozesse selbst gestalten
grenzenlos hoffen – mutig handeln. Interview mit Philipp Seitz, Präsident des BJR
Anlässlich des 80. Todestags von Dietrich Bonhoeffer haben wir Philipp Seitz, Präsident des Bayerischen Jugendrings, zur der Botschaft von Dietrich Bonhoeffer für politische Bildungsprozesse befragt.
Wie können junge Menschen für die historische Verantwortung sensibilisiert und zur Mitgestaltung politischer Bildungsprozesse motiviert werden?
Unsere Erfahrungen in der Jugendarbeit zeigen, dass wir junge Menschen auch für historische Themen gewinnen können, wenn wir sie mit den richtigen Formaten und einer glaubwürdigen Botschaft ansprechen. Nur wenn sie politische Bildungsprozesse selbst gestalten können, kann es gelingen, sie auch für ein dauerhaftes Engagement für demokratische Werte zu gewinnen.
Die jüngsten Aktivitäten im Umfeld des Bayerischen Jugendrings und seiner Mitgliedsverbände sind das beste Beispiel dafür. Wenn die Ansprache stimmt, sind junge Menschen bereit, sich auch mit der Frage auseinanderzusetzen, was Erinnerung an die Opfer des NS-Terrors heute bedeutet.
Inwiefern sind digitale Formate und soziale Medien hilfreich, um Erinnerungsarbeit attraktiv zu gestalten?
Das Max Mannheimer Studienzentrum in Dachau, dessen Geschäftsführung beim BJR liegt, hat in jüngster Zeit die kostenfreie digitale App „Max Mannheimer – ben jakov – Überlebenskünstler“ entwickelt, die im Mai in den gängigen App-Stores zur Verfügung stehen wird.
Sie vermittelt interaktiv die bewegende Lebensgeschichte des Shoah-Überlebenden und bietet einen niederschwelligen Zugang zur Geschichte des Nationalsozialismus und seiner Nachwirkungen. Die digitale Visual Novel über Max Mannheimer ist damit ein ausgezeichnetes Format, um Einblicke in das Leben eines Zeitzeugen zu geben, der unermüdlich jungen Menschen nahegebracht hat, was es heißt, heute Verantwortung für unser demokratisches Zusammenleben zu übernehmen.
Welche Ziele setzt sich der BJR, um die Bedeutung von Erinnerungskultur weiter zu stärken und an aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen anzupassen?
Der BJR wird weiterhin für die Werte eintreten, die bereits in der Präambel zur Satzung niedergelegt sind. Erinnerung wachzuhalten ist eine Aufgabe, der sich eine Reihe von Jugendverbänden annehmen: sei es die Gewerkschaftsjugend mit ihrem seit mehr als siebzig Jahren stattfindenden jährlichen Gedenken zur Reichspogromnacht, sei es die Evangelische Jugend mit ihren Aktivitäten z.B. in Flossenbürg, seien es die verschiedenen Bezirks-, Kreis- und Stadtjugendringe mit den unterschiedlichsten Veranstaltungen an unterschiedlichen Erinnerungsorten in Bayern. Wenn wir die Erinnerung wachhalten wollen, ist dies kein Selbstzweck. Es ist die Voraussetzung, weiter an einem demokratischen Gemeinwesen zu arbeiten und dieses aktiv mitgestalten zu können.
Das Interview führte Patrick Wolf, Referent für Kommunikation.
Foto: BJR