Spiritualität stärken, Demokratie verteidigen, Strukturen erneuern

Evangelische Jugend setzt Kurs auf Zukunft mit klarer Haltung – Jahresbericht des Vorsitzenden der EJB

 

Die Landesjugendkammer der Evangelischen Jugend in Bayern (EJB) nahm heute den Jahresbericht ihres Vorsitzenden Malte Scholz entgegen. Im Mittelpunkt: gelebte Spiritualität, klare demokratische Haltung und die Zukunftsfähigkeit des Jugendverbands. „Wir sind fromm und politisch. Aus dem Glauben heraus handeln wir – mutig, klar und hoffnungsvoll“, sagte Scholz vor dem obersten Gremium der evangelischen Jugendarbeit in Bayern. Im Bericht betonte er eine vielfältige, jugendgemäße Spiritualität. Großveranstaltungen wie das Bonhoeffer-Gedenken in Flossenbürg („grenzenlos hoffen – mutig handeln“) im April und der Kirchentag in Hannover („mutig, stark, beherzt“) im Mai zeigten, wie Glaube verbindet. „Die Andacht am Todesort von Bonhoeffer mit einem Kerzenmeer und das gemeinsame Singen und Beten in verschiedenen Sprachen haben mich sehr bewegt“, berichtete Scholz.

 

Der Landesjugendkonvent, das jährliche Treffen aller Ehrenamtlichen, hatte sich unter dem Motto „Lost and found“ intensiv mit Spiritualität auseinandergesetzt und gefordert, diese in ihrer ganzen Vielfalt als wichtigen Bestandteil der Jugendarbeit zu stärken. Die EJB hat darauf reagiert: Eine neue Stelle mit Schwerpunkt Naturspiritualität wurde geschaffen und mit Martin Härtl besetzt. „Wir können Menschen Hoffnung schenken, über die großen Fragen des Lebens nachdenken und ein Ort der Gemeinschaft sein. Das brauchen junge Menschen in diesen Zeiten. Das ist unser unique selling Point“, so Scholz. Das Ziel: spirituelle Angebote fördern, die Jugendliche ernst nehmen, Raum zur Selbstreflexion bieten und neue Gottesdienstkonzepte mit Fokus auf Partizipation und Interaktion entwickeln.

 

Klare Kante in bewegten Zeiten: Demokratie verteidigen, Menschenwürde schützen

Angesichts des Vormarsches rechtsextremer Ideologien sieht die EJB ihre politische Verantwortung. „Wir müssen als Christ:innen klar Stellung beziehen und für unsere Werte und die Demokratie eintreten“, betonte der Vorsitzende. Gemeinsam mit dem Bund der Katholischen Jugend (BDKJ) Bayern startet die EJB die Kampagne „Ein JA(hr) für Demokratie!“, die demokratische Kultur in Jugendverbänden und Gesellschaft stärken soll. Die Kampagne begleitet die Kommunalwahlen mit Arbeitshilfen, macht demokratische Möglichkeiten in Jugendverbänden sichtbar und plant für Herbst 2026 eine bayernweite Demokratieaktion. Zudem engagiert sich die EJB in der Kampagne „Unser starkes Kreuz für Demokratie“ der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (ELKB) und will mit gezielten „Lovestorms“ in sozialen Medien Kandidierende unterstützen und HateSpeech entgegentreten. „Wir dürfen diesen Raum nicht den Hetzern, Rechtsextremen und falschen Predigern überlassen“, mahnte Scholz nach der Vollversammlung im Juni zum Thema „(christliche) Werte in Social Media“.

 

Freiwilligkeit statt Pflichtdienst

Zur aktuellen Debatte um die Wehrpflicht bezieht die EJB eindeutig Position: „Wer resiliente und engagierte junge Menschen für die Gesellschaft gewinnen will, muss auf echte Einbindung, Respekt und Freiwilligkeit setzen“, betonte Scholz in Anlehnung an den Beschluss des Landesjugendkonvents. Statt Zwangsdienste fordert die EJB einen Rechtsanspruch auf Freiwilligendienste mit attraktiven Rahmenbedingungen. „Die Freiwilligendienste übernehmen schon jetzt wertvolle gesellschaftliche Aufgaben. Das sollten wir sinnvoll stärken, statt parallele Pflichtstrukturen zu schaffen.“

 

Außerdem übt der 24-jährige Sozialarbeiter deutliche Kritik an der aktuellen Migrationspolitik: „Kein Mensch ist illegal!“. Deutschland schließe Grenzen und weise hilfesuchende Menschen ab, während das Kirchenasyl immer mehr bedroht werde. „Wir müssen für die Menschenrechte einstehen und unseren christlichen Auftrag ernst nehmen. Lasst uns wieder mehr für eine christliche Asylpolitik einstehen, die zuerst den Menschen und sein Schicksal sieht und nicht nur Zahlen.“

 

Diversität leben: Von Queer-Sensibilität bis Schutzkonzept

Die EJB setzt sich aktiv für mehr Vielfalt ein. Ein Erfolg: Nach längerer Verhandlung hat die Landessynode der ELKB auf Eingabe der EJB beschlossen, sich für die Trauung für alle einzusetzen, Schuld an queeren Personen einzugestehen und verschiedene Maßnahmen zur Queer-Sensibilität umzusetzen. „Das zeigt, wir können als Jugend unsere Kirche verändern und etwas bewegen“, freute sich Scholz angesichts der Tatsache, dass queerfeindliche Straftaten laut Bericht des Bundeskriminalamts 2023 um fast 50 Prozent im Vergleich zu 2022 gestiegen sind. Darüber hinaus beschloss die Landesjugendkammer im Juni ein gemeinsames Schutzkonzept gegen sexualisierte Gewalt. „Lasst uns gemeinsam sicherstellen, dass die Prävention nicht nur auf Papieren steht, sondern in unsere Haltung übergeht“, appellierte Scholz. Ein verpflichtender Verhaltenskodex für alle Mitglieder zeigt, wie das Leitbild in der täglichen Arbeit umgesetzt wird.

 

Mutig in die Zukunft: Der EJB-Prozess und die Wirkstatt evangelisch

Als weiteren Themenbereich thematisierte der Vorsitzende die strukturelle Neuaufstellung der EJB, diese nehme konkrete Formen an. Mit der Wirkstatt evangelisch (seit Anfang 2025 die Fusion von Amt für Gemeindedienst, Amt für Jugendarbeit und Gemeindeakademie) bündelt die Landeskirche ihre Kompetenzen. Die EJB-Geschäftsstelle ist dort verankert und profitiert von der gebündelten Expertise. Parallel dazu treibt die EJB ihren eigenen EJB-Prozess voran – einen umfassenden Beteiligungs- und Strukturprozess mit dem klaren Zielbild 2027. Der Prozess erneuert die Verbandsordnung grundlegend und schafft klare, schlanke Strukturen mit kurzen Wegen, eindeutigen Zuständigkeiten und starker Beteiligung junger Menschen. Dadurch soll die Partizipation weiterentwickelt, Kommunikation gefördert und eine noch stärkere gemeinsame Identität geschaffen werden. Zudem wird ein Meilenstein gesetzt, in dem Konfi- und Jugendarbeit konzeptionell zusammengedacht werden. „Studien zeigen, dass eine konzeptionelle Durchdringung von Jugendarbeit und Konfi-Arbeit bewirkt, dass sich 45 Prozent der Konfis vorstellen können, nach der Konfirmation in einer Jugendgruppe zu bleiben oder sich ehrenamtlich zu engagieren“, erläuterte Scholz die strategische Bedeutung dieser Verknüpfung.

 

Seit 2024 laufen strukturierte Konsultationen mit allen Ebenen: Landesjugendkonvent, Mitgliedsverbände, Gemeinsame Landeskonferenz, Dekanatsjugendpfarrer:innen sowie Ehren- und Hauptamtliche vor Ort bei Informationsabenden. „Ich bin dankbar für all die Kritik, das Feedback und die positiven Äußerungen, weil nur dadurch der Prozess zu einem gemeinsamen Prozess werden kann“, betonte Scholz. Aktuell entsteht aus dem Feedback der erste Entwurf der neuen Ordnung. Die nächsten Schritte: konsolidieren, beschließen und bayernweit mit Leben füllen. „In diesem Prozess sind junge Menschen nicht das Objekt der Veränderung, sondern Gestalter:innen“, stellte Scholz klar. „Wandel ist nichts, was durch eine neue Ordnung geschieht. Es braucht dafür Menschen, die bereit sind, neue Wege zu gehen und das Neue mit ihren Ideen und Vorstellungen füllen.“

 

Jugend als Innovationsmotor der Kirche

Die Mitglieder des Landeskirchenrats hätten den Prozess als „historisch“ bezeichnet, berichtete Scholz. „Wir sind der Innovationsmotor und die Antreiber:innen in der Landeskirche.“ Die Ideen der EJB nehmen bereits Einfluss auf die Transformationsprozesse der Landeskirche. Gleichzeitig mahnte Scholz klare Zusagen für die Zukunft an: Die EJB fordert die Landessynode auf, ihren Beschluss von 2019 zur „Stärkung und Förderung von Kinder- und Jugendarbeit“ angesichts der neuen Landesstellenplanung zu bestätigen. Es brauche eine Selbstverpflichtung der Dekanate, schwerpunktmäßig Ressourcen für die junge Generation einzusetzen, sowie eine Konzeptionspflicht für Kinder-, Konfi- und Jugendarbeit. „Kinder- und Jugendarbeit muss weiterhin ein Schwerpunkt bleiben und darf nicht den zukünftigen Kürzungen zum Opfer fallen.“ Auch bei den anstehenden Immobilienkonzepten dürfe die Jugend nicht übergangen werden: „Es muss gemeinsam sichergestellt werden, dass auch in Zukunft junge Menschen attraktive Räume vor Ort haben, um ihren Glauben und die Gemeinschaft zu leben.“

 

„Die Zukunft entsteht mit dir, mit uns – jetzt“

Scholz schloss seinen Bericht mit einem Appell: „Junge Menschen sind die Gegenwart und Zukunft der Kirche. Wir gestalten sie jetzt schon aktiv und haben keine Furcht vor dem Wandel. Denn der Wandel ist real. Der Wandel ist da und wird bleiben. Alles Lebendige fließt und bleibt in Bewegung. Alles bleibt anders – Wir auch. Die Zukunft der Evangelischen Jugend entsteht nicht irgendwo – sie entsteht mit dir, mit uns, jetzt.“

 

Patrick Wolf
Referent #Kommunikation #Öffentlichkeitsarbeit #ejb

 

Foto oben: ejb/M. Wagner