Kreuz & Queer

Ein bunter Konvent der Evang. Jugend Ingolstadt

 

Queer sein und Kirche – geht das zusammen? Und was sagt die Bibel eigentlich dazu? Was steckt alles hinter diesem Begriff und wie fühlt sich das Leben queerer Menschen an? Wie können wir Jugendarbeit queer-freundlich gestalten?

 

Viele Fragen, ein Motto: Kreuz & Queer. Das war nämlich das Thema des diesjährigen Herbstkonvents der Evang. Jugend Ingolstadt.

 

So aktuell wie nie

Besonders die ersten beiden Fragen beschäftigen die Kirche auch außerhalb der Jugendarbeit in letzter Zeit so sehr wie noch nie – sichtbar war das unter anderem am diesjährigen evangelischen Kirchentag in Nürnberg. Der Themenvorschlag für den Konvent kam allerdings von Ehrenamtlichen.

 

Dieses Thema braucht eine gute Vorbereitung

Zur Vorbereitung nahm sich der Leitende Kreis trotz Abi-Phase und Beginn des Studiums für einige Ehrenamtliche besonders viel Zeit: Dieses Thema braucht gute Vorbereitung, da waren sie sich einig. Das Ziel: Das Thema ansprechend für alle gestalten. Ehrenamtliche, die sich bisher kaum mit Queerness beschäftigt hatten, sollten genauso abgeholt werden, wie solche, die bereits voll im Thema stehen oder sogar selbst Teil der Community sind.

 

Und dann kam der Konvent…

Mit einem allgemeinen Überblick zu den Fragen „Was ist Queer?, Welche Dimensionen hat dieses Thema?, Wie sieht die Lebenswelt von queeren Jugendlichen aus?“ wurden die Teilnehmenden auf das Thema eingestimmt.

Danach machten sie sich intensiv auf die Suche nach Möglichkeiten, Jugendarbeit sicherer und angenehmer für queere Menschen zu gestalten. In kleinen Gruppen erstellten die Jugendlichen Übersichten zu den Themen Vertrauensaufbau, Awareness und Safe Space in der EJ.

 

G*tt liebt queere Menschen

Abwechslungsreich und kurzweilig referierte Peter Kessler, Dekanatsjugendreferent in Ingolstadt, zum Thema  „Bibel & Queer“ . Dabei entlarvte er die vermeintlichen Konflikte einiger biblischer Passagen und deren Wirkungsgeschichte. Bis heute lassen diese Bibelstellen Menschen annehmen, dass queere Identitäten im Widerspruch zu der biblischen Botschaft stehen würden. Diese Textstellen und ihr aus dem Kontext gerissenes Zitieren haben viel Leid bei queeren Menschen verursacht.


Die Jugendlichen kamen zu dem Schluss, dass diese einzelnen Texte nicht herhalten können, um der Bibel einen homo- oder gar queer-feindlichen Grundton zu entlocken. Das lässt sich weder in diesen Passagen, noch sonst in der Bibel finden. Vielmehr wurde klar, G*tt liebt queere Menschen, genauso, wie sie sind.

 

Im Auftrag „nehmt einander an, wie Christus Euch angenommen hat“ (Röm 15,7) finden sich die Jugendlichen wieder und bekräftigen als Dekanatsjugendkonvent der EJ Ingolstadt deutlich den neulichen Beschluss der Landesjugendkammer zu dieser Thematik.

 

In einer entspannten, regenbogenfarbenen Kreativeinheit konnten die Teilnehmenden dann Kleidung und Beutel mit Batikfarben und Pride-Bügelbildern gestalten oder an der Schmink- und Nagellackstation vielleicht zum ersten Mal ausprobieren, wie ihnen eigentlich bunte Fingernägel stehen.

 

Und wie kam das Thema an?

Wir haben einige der Teilnehmer:innen des Konvents selbst befragt:

 

Was ist deine persönliche Meinung zu dem Thema?

Moritz: Ich habe mich bisher nicht viel damit beschäftigt und schwergetan. Am Konvent habe ich viele neue Gedanken und Informationen dazu bekommen und kann jetzt viel offener mit diesem Thema umgehen.

Ben: Meiner Meinung nach sollen alle lieben, wen sie wollen, weil im Endeffekt ist es sch**ß egal, wen man liebt. Und in der Jugendarbeit ist es wichtig, dass sich alle wohlfühlen und für jede:n ein Safe Space geschaffen wird.

 

Würdest du sagen, der Konvent hat deine Meinung zum Thema geändert oder beeinflusst?

Moritz: Auf jeden Fall.

Ben: Ja, beeinflusst, weil mir dadurch klargeworden ist, wie wichtig es ist, offener über dieses Thema zu sprechen.

 

Wie kann man deiner Meinung nach besser mit dem Thema LGBTQIA+ in der Jugendarbeit umgehen?

Moritz: Ich finde den Schritt, den unsere EJ macht, genau richtig: Offen darauf zugehen und nicht in alten Mustern hängen bleiben, sondern diese aufbrechen und sich dem Wandel anschließen.

Sarah: Man sollte einfach alle in neue Ideen mit einbeziehen, das Thema offen ansprechen, aber nicht vergessen, dass es für viele ein sensibles Thema ist. Und niemanden vergessen, z.B. indem man Unisex-Toiletten einführt – was unser Jugendbüro ja auch letztens gemacht hat.

Ben: Man muss offener an die Sache rangehen und mehr darüber sprechen. Man muss den anderen zeigen, dass es einen Ort gibt, an dem man darüber offen sprechen kann. Man muss grundsätzlich Vertrauen aufbauen.

 

Findest du man sollte LGBTQIA+ auch in anderen Formaten in der Jugendarbeit öfter thematisieren?

Moritz: Dieses Thema war in der Vergangenheit nur ein Randthema. Ich finde, man sollte jetzt dem Thema den Raum und Platz geben, den es braucht.

Anna: Auf jeden Fall. Ich finde dieses Thema genauso wichtig, wie zum Beispiel Rassismus und es sollten alle die Chance bekommen, so viel wie möglich darüber zu lernen.

 

Ein Fazit

Jugendarbeit ist genauso vielfältig wie wir Menschen – das ist ein Fazit des „Kreuz & Queer“ Konvents.
Und: Queer und von Gott geliebt, das ist kein Widerspruch, das ist eine Selbstverständlichkeit.

Johannes, Lulu und Annika
Ehrenamtliche der Evang. Jugend Ingolstadt

#Fotos: EJ Ingolstadt

 

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