Ein kleiner Samen für mehr Selbstwert

Die Angebote für jugendliche Mädchen der EJ Fürth sind sehr gefragt.

Ein Interview

 

Seit einem Jahr bietet die Evangelische Jugend Fürth eine offene Mädchengruppe für 12- bis 14-Jährige an.  zettMagazin hat mit Carmen Dornberger, Dekanatsjugendreferentin in Fürth, über dieses Angebot und seine Bedeutung für die Mädchen gesprochen.

 

Liebe Carmen, Du bietest eine offene Gruppe nur für Mädchen an. Seit wann gibt es dieses Angebot und für welche Altersgruppe ist es gedacht?

„Ein Wochenende für Dich und Deine beste Freundin“. Unter diesem Motto fand das erste Mädchenwochenende auf Schloss Pfünz im Dezember 2022 statt. Eingeladen waren Mädchen ab 12 Jahren mit ihren Freundinnen. Sie standen auch im Mittelpunkt mit all ihren Themen und Interessen. Für den Kreativtag, der kurz nach dem Mädchenwochenende stattfand, waren nun auch 11-Jährige eingeladen. Das Angebot war so niedrigschwellig, dass wir es auch für Jüngere öffnen wollten.

 

Mädchenarbeit stand lange Zeit nicht mehr so im Fokus. Was hat Dich bewogen, dieses Angebot für Mädchen zu schaffen?

Ein Auslöser war ein Gespräch mit einer Mama, die sich über unsere Arbeit erkundigte und bedauerte, dass es nur gemischte Gruppen gibt. Es wäre doch schön, wenn es was nur für Jungs oder nur für Mädchen geben würde, meinte sie. Wir unterhielten uns über Rollenbilder, die die Mädchen im Erwachsenwerden wahrnehmen und über die wesentliche Bedeutung, die Erziehung dabei spielt. Für Mütter sei es nicht leicht, den richtigen Ton zu finden und die richtigen Impulse zu vermitteln, weil Jugendliche meistens mehr auf das hören, was von außen kommt.

 

Was ich mich schon länger fragte: Wie oft versuchen wir Frauen, alte Glaubenssätze loszuwerden, oder ein Bild von uns als Frau zu finden, mit dem wir gut leben können? Dabei ist mir bewusst geworden, dass das Thema Rollen und Geschlechter noch lange nicht abgehakt ist. Es ist nicht unbedingt einfach, sich als Frau mit wechselnden Rollenbildern auseinanderzusetzen: Wie weiblich darf ich sein? Wie stark muss ich sein? Darf eine Frau sagen: Ich möchte keine Kinder? Wie ist es mit Vollzeitarbeit? Bei all diesen Fragen schweben noch viele alte Wertvorstellungen herum.

 

Mit diesem offenen Gruppenangebot möchte ich den Mädchen Mut machen, bei sich zu bleiben und nicht auf das zu sehen, was die Gesellschaft erwartet oder vermeintlich erwartet. Ich möchte ihnen helfen, ihre eigene Persönlichkeit zu entwickeln und sich im Geschlechterrollen-Wirrwarr zurechtzufinden. Dabei setze ich gezielt auf kleine Gruppen, um intensiv mit den Mädchen zusammen zu sein und sie gut begleiten zu können.

 

Welche Themen beschäftigen die Mädchen und was bedeutet dieses Angebot für sie?

Es ist ein Sammelsurium, das unter dem Thema Identität zusammengefasst werden kann. Da geht es um Fragen wie: Welches Geschlecht bin ich denn? Wie weiblich ist ein Mädchen? Wenn ich nicht so weiblich bin, bin ich dann schon queer? Wie richtig bin ich, in dem, wie ich fühle? Es geht um den Vergleich Jungen und Mädchen oder Frauen und Männer: Gleich oder nicht gleich? Wer hat es leichter oder schwerer, besser oder schlechter?

 

Eine große Rolle spielen auch die sozialen Netzwerke: Welche Beauty-Trends gibt es? Wie natürlich darf ich sein, um trotzdem schön zu sein? Die Mädchen nehmen das Angebot gerne an. So sagte eine Teilnehmerin nach einem Beauty-Workshop, bei dem es um Schminken ging: „Wahre Schönheit kommt von innen. Ich habe gemerkt, ich bin schön, egal, was andere sagen.“

 

Wie gestaltest Du das Angebot?

Einmal jährlich findet ein Wochenende für Mädchen ab 13 Jahre statt. Dieses Angebot ist sehr beliebt. Eine Teilnehmerin sagte: „Das Wochenende war mein Highlight des Jahres. Ich habe ein ganzes Jahr darauf gewartet, dass ich mich wieder anmelden kann, und habe jeden Monat auf die Website geguckt, damit ich den Anmeldezeitraum nicht verpasse.“

 

In diesem Jahr geht es ins Tropical Island nach Berlin. Als Thema haben die Mädchen „Beauty und Wellness. Wie bringe ich mich zum Strahlen“ gewählt. In diesem Jahr sind Mädchentage unter anderem zu Themen wie „Ich und meine Stimme“, „Was macht mich stark“, „Welche Kraftquellen habe ich?“ oder auch Selbstverteidigung geplant. Je nach Thema kommen Mädchen unterschiedlichen Alters. Bei allen Angeboten möchte ich, dass die Mädchen Spaß haben, viel lachen und gemeinsam Zeit verbringen.

 

Die Mädchen, die beim Start dabei waren, sind jetzt schon 14 oder 15 Jahre alt. Was ist, wenn sie „zu alt“ für diese Gruppe sind? Gibt es weiterführende Angebote?

Mein Wunsch ist, dass das Angebot mitwächst. Die Mädchen, die jetzt an der Altersgrenze sind, wünschen sich sehr, dass es auch für sie weitergeht. Wie das konkret gehen kann, weiß ich noch nicht. Mir ist wichtig, mit den älteren Mädchen ins Gespräch zu kommen, um herauszufinden, wie sie sich ein eigenes Angebot vorstellen. Einige haben den Wunsch geäußert, mal eine ganze Woche wegzufahren. Dieses Angebot kann ich mir für Mädchen ab 14 sehr gut vorstellen.

Die Mädchentage planen wir schon jetzt thematisch für unterschiedliche Altersgruppen.

 

Was wünschst Du Dir für die Mädchengruppe?

Ich wünsche mir, dass wir noch viele wunderbare Veranstaltungen zusammen haben. Ich wünsche mir, dass die Mädchen, die jetzt dabei sind, Lust haben, als Mitarbeiterinnen mitzuwirken.

 

Ich hoffe, dass ich einen kleinen Samen für den Selbstwert säen darf, damit die sie ein positives Selbstbild haben, um ihr Rollenverständnis als jugendliches Mädchen bzw. als junge Frauen gut leben zu können.

 

Vielen Dank für das Gespräch.

 

Das Gespräch führte Ute Markel, Online-Redakteurin

Carmen Dornberger
ist Dekanatsjugendreferentin in Fürth und leitet unter anderem die Angebote für Mädchen zwischen 12  und 14 Jahren.  Die Evangelische Jugend Fürth bietet für Kinder und Jugendliche eine ganze Reihe von attraktiven Veranstaltungen an. 

Fotos oben: EJ Fürth
Foto im Text: privat

 

8. März – Internationaler Frauentag

Seit 1911 begehen Frauen den „Internationalen Tag der Frauen“, an dem weltweit auf Frauenrechte und die Gleichstellung der Geschlechter aufmerksam gemacht wird. Der Tag soll die bisherigen Errungenschaften der Frauenrechtsbewegung feiern und gleichzeitig die Aufmerksamkeit auf immer noch bestehende Diskriminierungen und Ungleichheiten richten. Und er will dazu ermutigen, sich für Geschlechtergerechtigkeit einzusetzen. 

 

Der Internationale Frauentag 2024 steht unter verschiedenen Mottos:

  • So rücken die Vereinten Nationen mit ihrem Slogan „Invest in women: Accelerate progress“ („In Frauen investieren: Fortschritte beschleunigen“)“ die Gleichstellung der Geschlechter und das Wohlergehen von Frauen in allen Lebensbereichen in den Blickpunkt. Denn nur so lassen sich eine wohlhabende Wirtschaft und einen gesunden Planeten schaffen.
  • Der Verein UN Women Deutschland begeht den Tag mit dem Schwerpunktthema: Beschleunigung der Gleichstellung der Geschlechter und Teilhabe aller Frauen und Mädchen durch Armutsbekämpfung sowie durch die geschlechtergerechte Stärkung von Institutionen und Finanzpolitik.
  • Das Aktionsbündnis International Womens Day hat zum Internationalen Frauentag 2024 das Motto: „Inspire Inclusion“. Wenn andere dazu inspirieren, die Inklusion von Frauen zu verstehen und wertzuschätzen, schaffen wir eine bessere Welt. Und wenn Frauen selbst dazu inspiriert werden, einbezogen zu werden, entsteht ein Gefühl der Zugehörigkeit, Relevanz und Ermächtigung.

 

Weitere Infos zum Internationalen Frauentag 2024 in sozialen Medien finden sich unter den Hashtags #InspireInclusion #IWD, #InternationalWomensDay #IWD2024, #InvestInWomen

 

Aus: 8. März – Internationaler Frauentag (lpb-bw.de)