Gelebte Inklusion

 Der Samstag im Zentrum Spiel und Sport

Alle Tischtennisplätze waren belegt, am Floorball-Feld wurde intensiv gespielt und an der Boulderwand kletterten Jugendliche an allen Seilen – in der Wilhelm-Löhe-Schule und in ihrer Sporthalle war es laut und lustig.

Ein Workshop zu Goalball

Ruhiger ging es im Workshop Goalball zu. Die Spieler:innen hatten Brillen, die eine Sehbehinderung simulieren, aufgesetzt und versuchten, den Ball ins gegnerische Tor zu bringen bzw. den Ball der gegnerischen Mannschaft abzuwehren. Nur durch Hören konnten sie herausfinden, von wo aus die gegnerische Seite den Ball werfen würde oder dieser heranrollt. Als Orientierung dienten am Boden aufgeklebte Bänder. 

 

„Blind sein, die Orientierung verlieren, sich wie in einem freien Raum zu fühlen“ , war für Sonja aus Berlin die größte Herausforderung und für Hannah aus Münster „das Vertrauen zu haben, dass der Raum gleich bleibt.“ Joris aus Ulm fand die Ballübergabe in der eigenen Manschaft am schwierigsten. 

Spiel und Spaß auf den Sportplätzen

Auch auf den großen Sportplätzen im Freien war viel los. Bubble-Soccer wurde gespielt, Menschenkicker, Wikingerschach und Rollstuhl-Basketball. Viele Geschicklichkeitsspiele konnten ausprobiert werden.

 

Inklusive Mitmach-Angebote

In den Räumen der Löheschule boten ej-sport mit ihrem Kooperationspartner,  dem Dekanat Schwabach, vielfältige inklusive Mitmach-Angebote an.  „Showdown“, eine Art Tischtennis, spielte Natalie mit einem der Betreuer. Schwierig für sie war es, den Ball zu finden und dann richtig zu treffen. Sie wollte das Spiel aber unbedingt mal ausprobieren, weil ihr Onkel so davon geschwärmt hatte.

 
Den Rolliparcour durfte ich selbst fahren. Kurven bewältigen und um Ecken biegen, waren eine große Herausforderung. Und dann war auch noch einiges an Muskelkraft nötig. Meine Arme werde ich heute Abend sicher spüren. 

 

Auf dem Gang begegnete mir ein Mann mit einem Blindenstock. Florian aus Hildesheim hatte zwar versucht, sich den Weg einzuprägen, war aber dann doch froh, eine Begleitperson an seiner Seite zu haben. Und in einem Raum lernten Jugendliche gerade das Gehörlosenalphabet. 

 

Für das leibliche Wohl war auch gesorgt. Für die vielen Besucherinnen gab es Essen und Trinken, für Kaffee und Kuchen sorgten die Brügg’nbauer, eine Gemeinschaft von Menschen mit und ohne Behinderung. 

 Gute Laune, Spaß, gelebte Gemeinschaft und ein wunderbares Gefühl, diesen Tag im Zentrum Sport verbracht zu haben, werden bleiben.

 

Ute Markel
Online-Redakteurin

 Mitmischen (un)möglich

 

Wie radikal darf Partizipation junger Menschen sein?

Um es gleich vorwegzunehmen: Mitmischen ist nicht unmöglich! Doch müsse Beteiligung auf Augenhöhe möglich sein, findet Björn Mildbradt, vom Deutschen Jugendinstitut in Halle. „Das würde bedeuten, sich auf die Sichtweise junger Leute einzulassen und nicht die Sicht der Erwachsenen als Maßstab zu nehmen.“ Kilian Deyerl, Jugendsynodaler der ELKB fordert sogar eine Kultur zur Beteiligung: „Wir brauchen mehr Veränderungsbereitschaft.“

Junge Menschen sind in der Lage, ihre Interessen zu vertreten

Beim Podium „Partizipation“, dass mit ca. 1.000 Teilnehmenden in der Messe stattfand, ging es gut zur Sache. Die Podiumsgäste Björn Mildbradt, Kilian Deyerl, Erdal Tekin, Sozialunternehmer aus Nürnberg, Lilly Blaudszun, politische Inluencerin, Frankfurt/ Oder und Aimée van Baalen, Klimaaktivistin aus Dresden, diskutierten ganz munter mit der Moderatorin Ilo Schuhmacher aus Nürnberg rund um das Thema Beteiligung.

Einig waren sich alle in der Einschätzung, dass junge Menschen als Teil der Gesellschaft ein Recht auf Beteiligung haben. Sie seien durchaus in der Lage für ihre Interessen einzutreten, und wenn wie das nicht wollen, dann sollen sie es selbst entscheiden dürfen – wie Erwachsene auch. Problematisch ist es für Lilly, dass viele Erwachsene, die Art und Weise der Jugendlichen nicht akzeptieren oder ihnen gerne sagen würden, wie sie es machen sollten.

Absenkung des Wahlalters

Natürlich kam bei der Diskussion auch die Frage nach der Absenkung des Wahlalters auf. Aimée ist der Meinung, dass die Absenkung des Wahlalters für Jugendliche eine hohe Motivation sein könne, sich mehr einzubringen und zu informieren.

„Die Fragen rund um das Wahlrecht war und ist immer ein Kampf um die Mündigkeit“, sagt Kilian. Das war auch schon beim Frauenwahlrecht so. „Man muss immer diskutieren, warum darf jemand nicht wählen, anstatt zu fragen: Warum darf man nicht wählen?“

„Nicht alle Jugendlichen oder junge Menschen haben die gleichen Möglichkeiten oder Zugänge sich zu beteiligen“, gibt Erdal zu bedenken. „Partizipation müsse man sich auch leisten können.“ Dazu braucht es zeitliche und oft auch finanzielle Ressourcen. „Und leider gibt es auch viele, die gar nicht wählen dürfen, weil sie in unserem Land nicht das Wahlrecht bekommen, obwohl sie hier leben.

 

Was ist radikal, wenn man sich für Grundrechte einsetzt?

„Und wie radikal darf Partizipation junger Menschen sein?“ Naheliegend, dass hier zuerst Aimée gefragt wurde. Die Klimaaktivistin wird in der Presse gerne die Ungehorsame genannt. Als Antwort sagt sie ganz gelassen: „Was soll radikal daran sein, wenn man sich für die Grundrechte einsetzt?“ Ungehorsam sein, sei doch in Ordnung, wenn ich merke, die Bundesregierung setzt nicht für unsere Rechte ein. Björn versteht die Aufregung eh nicht. In den 1970er Jahren, in der Zeit der Studentenbewegung, waren die Proteste viel radikaler. Man sollte die Emotionen etwas runterhalten.

Ist es nicht eher traurig, wenn junge Menschen zu angeblich radikalen Mitteln greifen müssten?, fragten sich die Podiumsgäste. „Es geht so viel Energie verloren“, findet Kilian, wenn man immer um das “Wie“ diskutiert, anstatt, um die Inhalte.

 

Ein Weg zur „Ermöglichungskultur“

Die Forderung aus dem Publikum, war ein guter Schlusspunkt: „Wir müssen uns auf dem Weg zu einer ‚Ermöglichungskultur‘ machen. Vorschläge und Fragen dürfen nicht per se als Kritik, sondern als Bemühung um Verbesserung verstanden werden. Eine:r allein kann nicht alle Lösungen kennen, nutzen wir die Schwarmintelligenz.“

 

Christina Frey-Scholz
Referentin für Öffentlichkeitsarbeit

 

Übrigens ist es das erste Mal, dass ein Podium, das aus dem Zentrum Jugend kommt, in der Messe stattfand.

 

Fotos: ejb